- Was bisher geschah und Antrag
Nachdem ich 2014 mit einem Schlauchmagen operierte wurde, habe ich mich im Jahr 2016 das erste Mal näher mit einer WHO auseinandergesetzt. Das war, als ich mit 90kg und einem Gewichtsverlust von 103kg, von meinem Hausarzt aufgefordert wurde, wegen meiner Hautfaltenprobleme dringend einen Hautarzt aufzusuchen. Seitdem durchläuft dieses Vorhaben eine wechselhafte Geschichte.
„WHO“ steht für die Wiederherstellungs-OP der Haut nach einer starken Abnahme. Diese ist grundsätzlich keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen. Das Argument: Hautschürzen seien keine Erkrankungen im Sinne des SGB V, also keine regelwidrige Entstellung des Körperzustandes.
Doch so einfach ist nicht, denn immer wieder erkennen Gerichte eine Schürzenbildungen infolge der Gewichtsabnahme nach einer Adipositas OP als behandlungsbedürftige Krankheit an - solange die Regelwidrigkeit vom Leitbild eines gesunden Menschen, der zur Ausübung der normalen körperlichen und psychischen Funktionen in der Lage ist, abweicht oder etwa bei kosmetischen Beeinträchtigungen eine Erheblichkeitsschwelle beachtlich überschritten wird (LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 10.07.2017 – L 16 KR 13/17).
Zwar bedeutet, dass nicht automatisch, dass jeder Antrag auf Kostenübernahme von den Krankenkassen abgelehnt wird, doch sollte eine solche Klage vor Gericht kommen, kann sie durchaus Erfolg versprechend sein.
Auch die S3-Leitlinie „Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen“, die in der Zusammenarbeit mit zahlreichen Fachgesellschaften entwickelt wurde, hat eine medizinische Notwendigkeit zur Rekonstruktion der Körperform nach massiver Gewichtsreduktion, für eine verbesserte Lebensqualität und der Reduktion von psychischer Komorbidität festgehalten.
Die Leitlinie hebt hervor, dass die postbariatrische plastische Chirurgie, ein wichtiges Teilgebiet innerhalb der interdisziplinären Behandlung von Adipositaspatienten darstellt. Inwieweit das Eingang in die Definition einer Erkrankung im SGB V finden wird, muss die Zukunft zeigen. Bisher (Stand 2024) bläst dem Antragsteller immer noch eine Steife Prise der Gegenwehr ins Gesicht.
Doch zurück zu mir. Ich hatte, 2016 das Glück, auf einen wirklich sehr verständigen Hautarzt zu treffen. Er hat den Verdacht meines Hausarztes bestätigt, meine Bemühungen mit „Hausmittelchen“ anerkannt (und nicht als netter Humbug abgetan, wie es mir schon bei anderen Fachärzten passiert ist), meine Bedenken (bzgl. der OP) als durchdacht kommentiert und Handlungsbedarf bestätigt.
Zu meinem großen Bedauern ist dieser Hautarzt einige Zeit später in Rente gegangen und die Ärztin der Gemeinschaftspraxis, bei der ich einen Folge-Termin wahrnehmen konnte, war genau das Gegenteil. Sie war wenig engagiert und fand es überhaupt nicht lustig, dass ich, die Kosten der Schäden, die ich selber verursacht hatte (weil ich übergewichtig geworden war), nun von der Krankenkasse übernommen sehen möchte.
In der Folge bin ich zwar weiterhin als Patientin bei der Gemeinschaftspraxis geblieben, ich habe jedoch für weitere Termine um eine andere Behandlerin gebeten. Und ich hatte erneut hatte ich Glück eine Hautärztin zu finden, die mich unterstützt hat und die mir, bei problematischen Entzündungen mit ihren Behandlungsempfehlungen weiterhelfen konnte. Zudem hat sie mir bereitwillig ein Attest, dass meinen Antrag auf Kostenübernahme unterstützt, mitgegeben.
Bis zu diesem Zeitpunkt, wir schreiben Mitte 2021, war mein Leidensdruck nie so hoch, um mich der Strapazen einer WHO zu unterwerfen. Zudem war da die Fluktuation meines Körpergewichtes. Ich konnte zwar über die Jahre mein Gewicht deutlich unter meinem Gewicht vor OP halten, doch immer noch war ich unsicher ob einer möglichen Wiederzunahme und deren mögliche Folgen für die WHO.
Und dann war (und ist immer noch) mein äußerster Respekt vor einer oder sogar mehreren WHOs. Ich habe bereits so viele Operationen hinter mir und die leidliche Erfahrung gemacht, dass sie oft mehr Probleme als Lösungen gebracht haben, so dass es kein Wunder ist, dass ich vor allem die Schauergeschichten im Kopf habe, die mir bisher zugetragen worden sind und die positiven Eindrücke verdrängen.
Trotzdem habe ich mich Mitte 2021 in einem Zentrum für Postbariatrische Chirurgie und Ästhetik vorgestellt. Die Praxis war mir als Kooperationspartner eines hochgelobten Adipositas Zentrum, über die Selbsthilfegruppe, zur Kenntnis gelangt.
Der Termin im „Ästhetischen Zentrum“ war okay und im ersten Moment hätte ich mir sogar vorstellen können mich in die Hände der Chirurgen zu begeben. Nach einer Nacht darüber schlafen, hat mein Bauchgefühl in mir jedoch Zweifel gesät.
Rückblickend gesehen hat mir besagtes „Zentrum“ einfach zu viel Wert auf „Ästhetik“ gelegt und zu wenig auf „postbariatrische Chirurgie“. Man wollte hier schneiden, dort anheben und dies aufpolstern. Meine Einwände zu Venenproblemen, Nabelbruch oder Fragen zu einer Rektusdiastase (ein Bruch/Spalt zwischen rechter und linker Muskelstrang des geraden Bauchmuskels): alles kein Problem, alles easypeasy.
Bis ich jedoch alle Unterlagen zusammenhatte kam mir der Umbau zum SASI dazwischen. Eine WHO war damit für mich erneut in den Hintergrund getreten.
Durch eine Unterhaltung mit einer Freundin motiviert endlich ein paar der Aufgaben, die ich nun schon so lange vor mir herschiebe anzugehen, habe ich Anfang 2024 auch der Thema WHO wieder aufgenommen. Dafür gab es zwei Gründe: ich habe mit dem SASI-S deutlich mehr Vertrauen in die Stabilität meines Gewichtes und ich hatte ich bei einem Adipositas-Tag erfahren, dass das Adipositas Zentrum der Uniklinik Mannheim mit der BG Klinik in Ludwigshafen in Sachen WHO kooperiert.
Letztere hat in unserer Gegend einen hervorragenden Ruf, auch der Termin mit einem der Chirurgen der BG Klinik hat mich überzeugt. Kurz er war medizinisch einfach vertrauenswürdig.
Später wird sich herausstellen, dass eine andere BG Klinik-Chirurgin, mit der ich bei einem zweiten Termin gesprochen habe, eine abweichende Vorgehensweise feststellte, nichtsdestotrotz war auch sie medizinisch vertrauenswürdig.
Aber zurück zum 1. Termin. Der Meinung des Chirurgen nach bringe eine Reparatur der Rektusdiastase mehr Probleme als Nutzen, insbesondere bei Reflux-Patienten. Durch das Wiederherstellen der Bauchmuskulatur würde der Bauch zwar flacher, er könne aber auch den Magen einengen und damit Reflux verursachen, auf jeden Fall jedoch eine bestehende Reflux-Problematik verstärken.
Der vorhandene Nabelbruch müsse im Vorfeld abgeklärt werden. Dafür würde zuvor eine MRT-Diagnostik zur Quantifizierung der Hernie benötigt, sollte ein Netz eingezogen werden müssen.
Eine mögliche Oberschenkelstraffung müsse mit einer vorhergehenden Sanierung der Varizen (Krampfadern) einhergehen. Eine Meinung, die auch mein Venenarzt bestätigt hat. Und die auch ich befürworte.
Zudem hat er mir deutlich gemacht, in welchem Maße er, die zum Glück eher geringen Hautlappen an meinen Armen, verbessern könne. Damit mir auch nach OP noch ausreichend Beweglichkeit bliebe, wäre der Umfang einer Straffung eher gering.
Nach dem Termin im Adipositas Zentrum habe ich mich erneut an meine Hautärztin gewandt, mit der Bitte meine Diagnose zu aktualisieren. Leider muss ich feststellen, dass sie nicht mehr in der Gemeinschaftspraxis arbeitet und die Neue sich (zunächst) schlicht geweigert hat mich zu unterstützen. Zum Glück hatte ich den vor 2 Jahren ausgestellten Befund ihrer Vorgängerin, sodass sie nach einigem hin und her bereit war, mir das Schreiben neu auszustellen.
Blieb nur noch das Anschreiben an meine Krankenkasse. Diese habe ich Dr. Zaher Jandalis Patientenratgeber „Wiederherstellungsoperationen nach starker Gewichtsabnahme“ entnommen und um die Formulierungen der geplanten Operationen aus meinem Patientenbrief des Chirurgen ergänzt.
Neben dem Anschreiben, dem Schreiben des Chirurgen, der Hautärztin und der Bilder Dokumentation der Ärzte, habe ich dem noch meine private Bilder Dokumentation hinzugefügt.
Gemäß eigener Recherche und der Nachfrage beim Chirurgen, habe ich mich dazu entschlossen, das volle Programm zu beantragen: also Bauch, Beine, Arme und Brust. Ich habe jedoch nicht erwartet mit allem gleich durchzukommen. Auch wenn meine Freundin mich stets daran erinnert positiv zu bleiben, war es mir dich wichtig meine Erwartungen realistisch halten. Würde mir die Abdominalplastik genehmigt werden, wäre es ein Gewinn.
Bei der Abgabe meiner Unterlagen in der Geschäftsstelle meiner Krankenkasse (ich wollte dieses keinesfalls mit der Post schicken, da es gerade schlimm genug ist zu wissen, dass die Fotos von den Sachbearbeitern der Krankenkasse gesehen werden) wurde ich gefragt bei welcher Klinik ich operiert werden wolle. Das sei wichtig, so sagte man mir, da nicht mit allen Kliniken eine Kooperation bestände. Zudem sagte man mir, dass der Antrag zunächst zum Medizinischen Dienst ginge, aufgrund deren Empfehlung entschieden werde.
Ich war also nicht überrascht, dass ich im April 2024 vor den Medizinischen Dienst geladen wurde.
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